Stellare Schwarze Löcher

Auch für die Stabilität eines Neutronensterns besteht eine Grenzmasse. Wird diese überschritten, kann der Entartungsdruck der Neutronen dem Gravitationsdruck nicht mehr standhalten und der Stern kollabiert zu einem stellaren Schwarzen Loch. Im Gegensatz zur Grenzmasse eines Weißen Zwerges, der sogenannten Chandrasekhar-Grenzmasse von 1,46☉, lässt sich die Grenzmasse eines Neutronensterns derzeit nur mit Unsicherheiten analytisch herleiten. Hintergrund ist, dass die Zustandsgleichungen für dichte hadronische Materie (Kernteilchen bzw. Protonen und Neutronen, welche von der starken Wechselwirkung zusammengehalten werden) noch nicht genau bekannt sind.

Auf Basis einer Arbeit des US-Physikers Richard Chace Tolman (1881 – 1948) aus dem Jahr 1939 leitete der US-Physiker Julius Robert Oppenheimer (1904 – 1967) zusammen mit seinem in Russland geborenen kanadischen Kollegen George Michael Volkoff (1914 – 2000) ebenfalls im Jahr 1939 analytisch die Grenzmasse für einen Neutronenstern her. Sie ermittelten damals eine Grenzmasse von 0,75M☉, was allerdings innerhalb der Chandrasekhar-Grenzmasse liegt und damit unrealistisch war. Im Laufe der Zeit wurden die Zustandsgleichungen für dichte hadronische Materie jedoch besser verstanden, so dass der Wert der Grenzmasse für einen Neutronenstern heute in einem Bereich von 1,5 bis 3M☉ liegt. Die Unsicherheit ist allerdings immer noch groß. Nach vorherrschender Lehrmeinung liegt die Grenzmasse etwa bei 3M☉.

Nach den gängigen Modellen wird diese Grenzmasse von Sternen mit einer Ausgangsmasse von mehr als 25M☉ überschritten. Die einzelnen Entwicklungsschritte vom Ende des Hauptreihenstadiums eines Sterns mit über 25M☉ bis zu seinem Ende als stellares Schwarzes Loch sind vergleichbar mit den im vorherigen Unterkapitel beschriebenen entsprechenden Entwicklungsschritten bis zu einem Neutronenstern. Nacheinander finden das Wasserstoff-Brennen, das Helium-Brennen, das Kohlenstoff-Brennen, das Neon-Brennen, das Sauerstoff-Brennen und das Silizium-Brennen statt. Allerdings verlaufen alle Schritte aufgrund der höheren Masse schneller ab als bei der Entwicklung zu einem Neutronenstern. Wenn der Kernbrennstoff im Kern des Sterns verbraucht ist, kommt die Kernfusion zum Erliegen, der Strahlungsdruck wirkt dem Gravitationsdruck nicht mehr entgegen und der Kern kontrahiert uneingeschränkt. Es kommt auch hier zum Vorgang der Supernova (siehe Beitrag Neutronensterne), nur dass dieser Prozess noch gewaltiger ist. Daher wird auch von einer Hypernova gesprochen.

Da dieses Mal aufgrund der Masse auch der Entartungsdruck der Neutronen nicht mehr ausreicht, dem Gravitationsdruck standzuhalten, geht die Kontraktion immer weiter. Dabei wird irgendwann der sogenannte Schwarzschild-Radius erreicht:

Rs = 2GM/c²

G ist die Gravitationskonstante (G = 6,672∙10-11 m3∙ s-2∙ kg-1), M die Masse und c die Lichtgeschwindigkeit. Beim Erreichen des Schwarzschild-Radius kann selbst Licht nicht mehr den Stern verlassen. Ein stellares Schwarzes Loch ist entstanden.

In der Natur kommen allerdings rotierende Schwarze Löcher vor, so dass statt der Schwarzschild-Lösung die Kerr-Lösung gilt:

RH = G/c²[M +

Der Kerr-Parameter a charakterisiert die Rotation des Schwarzen Loches. Wenn a aufgrund fehlender Rotation den Wert Null haben würde, dann würde die Kerr-Lösung in die Schwarzschild-Lösung übergehen.

Grundsätzlich herrscht auf der Oberfläche von jedem Himmelskörper mit gegebener Masse M und dem Radius r eine bestimmte Gravitationskraft. Um diesen Himmelskörper nun verlassen zu können, wird eine bestimmte Startgeschwindigkeit benötigt, die sogenannte Fluchtgeschwindigkeit. Bei der Erde beträgt diese 11 km/s. Wenn bei gleichbleibender Masse der Radius des Himmelskörpers verkleinert wird, steigt auf seiner Oberfläche die Gravitationskraft und eine höhere Fluchtgeschwindigkeit zum Verlassen dieses Himmelskörpers wird benötigt. Beim Erreichen des Schwarzschild-Radius erreicht die benötigte Fluchtgeschwindigkeit den Wert der Lichtgeschwindigkeit von c = 299.792.458 m/s. An diesem Punkt kann nichts mehr die Oberfläche des Sterns verlassen. Keine elektromagnetische Strahlung, etwa Licht und keine sonstigen Informationen. Nach der Allgemeinen Relativitätstheorie kann die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum von Materie mit Ruhemasse niemals erreicht oder überschritten werden. Licht bzw. elektromagnetische Strahlung hat zwar keine Ruhemasse und bewegt sich mit Lichtgeschwindigkeit, hat jedoch eine sogenannte Impulsmasse und unterliegt damit ebenfalls der Gravitationsanziehung. Damit ist das Schwarze Loch tatsächlich schwarz.

Nach der Allgemeinen Relativitätstheorie stellen Schwarze Löcher Singularitäten in der Raumzeit dar. In diesen wäre die ursprüngliche Sternmaterie in einem unendlich kleinen Punkt zusammengedrückt. Tatsächlich dürfte es wohl keine Singularität sein und die Materie in einen bestimmten uns noch unbekannten Zustand vorliegen.

Allerdings stoßen wir hier an die Grenzen der heutigen Physik. Um das Innere eines Schwarzen Loches beschreiben zu können, müssten die Quantentheorie und die Allgemeine Relativitätstheorie in einer übergeordneten Theorie zusammengefasst werden. Eine solche Quantentheorie der Gravitation konnte bis heute allerdings noch nicht aufgestellt werden, so dass das Innere eines Schwarzen Loches derzeit sowohl theoretisch als auch praktisch im Verborgenen bleibt.