Gravitationswellen
Zwischen der Elektrodynamik und der Allgemeinen Relativitätstheorie gibt es unter anderem folgende Analogie:
- beschleunigte Ladungen erzeugen elektromagnetische Wellen und
- beschleunigte Massen erzeugen Gravitationswellen.
Ebenso wie elektromagnetische Wellen im Vakuum pflanzen sich Gravitationswellen mit Lichtgeschwindigkeit c = 299792458 m/s fort. Sowohl elektromagnetische Wellen als auch Gravitationswellen sind Transversalwellen. D.h. ihre Schwingung erfolgt senkrecht zur Ausbreitungsrichtung. Die Stärke der Gravitationswellen nimmt wie die der elektromagnetischen Wellen umgekehrt proportional zum Quadrat ihrer Entfernung von der Quelle ab. Im Gegensatz zu elektromagnetischen Wellen durchdringen Gravitationswellen ungehindert Materie und werden von dieser nicht absorbiert. Trotz gewisser Analogien unterscheiden sich Gravitationswellen klar von elektromagnetischen Wellen oder Schallwellen.
Die 1915 aufgestellte Allgemeine Relativitätstheorie postulierte die Existenz von Gravitationswellen. Sie stellen eine Verzerrung bzw. Kräuselung der vierdimensionalen Raumzeit bzw. der Geometrie dieser dar. Dieser Effekt ist äußerst klein, so dass Gravitationswellen nur sehr schwer nachweisbar sind. Gravitationswellen transportieren zwar große Mengen Energie, doch führen diese aufgrund der Steifigkeit der Raumzeit zu keinen großen Effekten. Nur bei bestimmten Ereignissen, etwa der Verschmelzung von Neutronensternen bzw. Schwarzen Löchern und Supernovae, sind die Effekte durch Gravitationswellen etwas größer und kommen in den Bereich der Nachweisgrenzen.
Der indirekte Nachweis von Gravitationswellen gelang den Physikern Russel Hulse und Joseph Taylor von der Princeton University anfang der 80er Jahre. Ausgangslage war die Entdeckung des Doppelpulsars PSR 1913+16 im Jahre 1974. Dieses Doppelsystem verlor kontinuierlich Energie, was natürlich aufgrund der Kleinheit des Effekts erst nach jahrelanger Beobachtung festgestellt werden konnte. Der Wert des Energieverlustes entsprach genau der Energie der zu erwartenden Gravitationswellen. Für diese Feststellung erhielten Russel Hulse und Joseph Taylor im Jahre 1993 den Physiknobelpreis.
Erst das „Laser-Interferometer Gravitationswellen-Observatorium“ LIGO brachte am 14.09.2015 den Nachweis von Gravitationswellen. Der Detektor des LIGO besteht aus zwei Röhren, die senkrecht zueinander stehen und von Laser-Strahlen durchlaufen werden. Diese werden am Ende der Röhren durch Spiegel zurückgeworfen und überlagern sich mit den einlaufenden Wellen. Auf diese Weise kommt es zur Interferenz und zu charakteristischen Interferenzmustern. Treffen Gravitationswellen auf den Detektor, wird eine Röhre gestaucht und die andere gestreckt. In Folge ändert sich das Interferenzmuster, was nachgewiesen werden kann. Am 11.02.2016 wurde die Entdeckung der Gravitationswellen der Öffentlichkeit bekanntgeben. Vermutlich gingen die Gravitationswellen von zwei verschmelzenden Schwarzen Löchern aus, die 1,3 Milliarden Lichtjahre von uns entfernt sind. Die beiden Schwarzen Löcher mit 29 und 36 Sonnenmassen in einem Doppelsystem umkreisten sich immer enger, da das System Energie durch Aussendung von Gravitationswellen verlor. Anschließend stürzten sie ineinander und verschmolzen zu einem Schwarzen Loch mit 62 Sonnenmassen. Die Differenz von 3 Sonnenmassen wurde als Energie in Form von Gravitationswellen abgestrahlt, was einer Leistung von 3,6.1049 W entspricht bzw. der Ruheenergie von 200 Sonnenmassen. Diese besonders starken Gravitationswellen konnten durch das LIGO gemessen werden.
Im Juni 2016 wurde vom LIGO bekanntgegeben, dass am 26.12.2015 ein weiteres Signal (GW151226) gemessen wurde. Dieses Signal soll von zwei verschmolzenen Schwarzen Löchern in 1,4 Milliarden Lichtjahren gekommen sein, welche 8 und 14 Sonnenmassen hatten. Das resultierende Schwarze Loch hat 21 Sonnenmassen, womit eine Energie von einer Sonnenmasse in Form von Gravitationswellen abgestrahlt wurde. Entsprechende Signale werden mit GW für Gravitationswellen und dem Mess-Datum des Signals gekennzeichnet. Daher werden das Signal vom 14.09.2016 mit GW150914 und das vom 26.12.2015 mit GW151226 bezeichnet.
Der direkte Nachweis von Gravitationswellen ist nicht nur wieder eine Bestätigung für die Allgemeine Relativitätstheorie von Albert Einstein. Vielmehr wird ein neues Beobachtungsfenster geöffnet. Die Gravitationswellen-Astronomie wird ein grundlegender Forschungszweig werden, da wir mit Hilfe von Gravitationswellen Informationen erlangen können, die wir mit anderen Beobachtungsmöglichkeiten bisher nicht erlangen konnten.