Terrestrische Astronomische Beobachtungen
Alle astronomischen Erscheinungen und Objekte werden an einer scheinbaren Himmelskugel beobachtet. Im Mittelpunkt dieser Himmelskugel befindet sich die Erde. Für einen Beobachter auf der Erde sieht es so aus, dass alle astronomischen Erscheinungen und Objekte an die Innenseite eines Himmelsgewölbes projiziert sind. In der Astronomie wird die scheinbare Himmelskugel als exakte Kugel mit einem unendlichen Radius angenommen. In dieser Betrachtung bildet die Erde zwar den Mittelpunkt, wird jedoch als ausdehnungsloser Punkt angenommen. Mit Hilfe dieser Kugel können nun astronomische Koordinaten eingeführt werden. Dies geschieht mit Hilfe von sogenannten Großkreisen auf der Kugeloberfläche, welche sich aus dem Schnitt einer Ebene mit der Kugel ergeben. Sobald eine Ebene durch den Mittelpunkt der Kugel geht, so ist der Radius des Großkreises gleich dem Kugelradius. Alle anderen Schnitte zwischen einer Ebene und einer Kugel werden Kleinkreise genannt.
Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Kugel in zwei Hälften zu teilen. Zunächst kann die Horizontlinie als Großkreis herangezogen werden. Die Horizontlinie hängt vom Ort eines Beobachters ab. Sie verläuft durch alle Himmelsrichtungen (Nord, Ost, Süd, West). Die obere Halbkugel erscheint dem Beobachter dann als Himmelsgewölbe mit allen sichtbaren astronomischen Objekten und Erscheinungen. Die untere Halbkugel ist für diesen unsichtbar. In diesem System befindet sich der Beobachter im Mittelpunk. Eine durch den Beobachter verlaufende Lotlinie würde senkrecht über ihm das Himmelsgewölbe durchstoßen. Dieser Durchstoßpunkt wird als Zenit bezeichnet. Der Zenit befindet sich für einen bestimmten Beobachter immer direkt über ihm. Die Verlängerung dieser Lotlinie nach unten würde die unsichtbare untere Himmelskugel genau unterhalb des Beobachters durchstoßen. Dieser Durchstoßpunkt wird als Nadir bezeichnet. Zenit und Nadir liegen sich also genau gegenüber. Ein Großkreis kann in 360 Grad eingeteilt werden. D.h. 360° bedeuten einmal den Umlauf dieses Großkreises. Vom Zenit zur Horizontlinie ist es ein Viertelgroßkreis von 90° Länge. Von der Horizontlinie zum Nadir ist es wiederum auch ein Viertelgroßkreis von 90°. D.h. Zenit und Nadir sind 180° an der scheinbaren Himmelskugel voneinander entfernt. Streng genommen müsste noch zwischen wahrem und scheinbarem Horizont unterschieden werden. Dieser Unterschied ist allerdings minimal. Im Falle des wahren Horizonts geht die Horizontebene durch den Erdmittelpunkt, im Falle des scheinbaren Horizonts geht die Horizontebene durch die Augen des Beobachters. Alle Großkreise, welche durch den Zenit und den Nadir verlaufen, schneiden den Horizont in einem rechten Winkel. Diese Kreise werden daher auch als Vertikalkreise bezeichnet. Auf dem Horizont gibt es vier Punkte, welche durch die vier Himmelrichtungen definiert werden: Nordpunkt, Ostpunkt, Südpunkt, Westpunkt. Der wichtigste Vertikalkreis ist der sogenannte Meridian (Ortsmeridian) bzw. Himmelsmeridian. Dieser verläuft durch den Nord- und den Südpunkt. Er teilt die Himmelskugel in eine östliche und in eine westliche Hälfte. Der Vertikalkreis, welcher durch den Ost- und den West-Punkt des Horizonts verläuft, wird als Erster Vertikal bezeichnet.
Aufgrund der Erdrotation gehen die Gestirne im Osten auf, erreichen am Meridian ihre höchsten Punkte an der Himmelskugel und gehen im Westen wieder unter. Der Durchgang eines Gestirns durch den Meridian wird als Kulmination bezeichnet. Ein Gestirn durchläuft den Meridian während einer Erdrotation, welche uns natürlich als entsprechende Drehung der Himmelskugel erscheint, zweimal. Einmal über dem Horizont. Von der Nordhalbkugel aus gesehen ist dies der Südpunkt und von der Südhalbkugel der Erde gesehen der Nordpunkt. In diesem Fall wird von oberer Kulmination gesprochen. Zum anderen unter dem Horizont, wenn das Gestirn vom Beobachter aus gesehen untergegangen ist und daher unbeobachtbar ist. In diesem Fall wird von der unteren Kulmination gesprochen. Zwischen einer oberen und einer unteren Kulmination liegt also genau eine halbe Erdumdrehung bzw. eine halbe Drehung der scheinbaren Himmelskugel.
Die Erdachse kann in beiden Richtungen scheinbar verlängert werden, so dass sie in beiden Richtungen die Himmelskugel durchstößt. Im Falle der Nordhalbkugel wird dieser Durchstoßpunkt als Himmelsnordpol bezeichnet. Dieser befindet sich etwa 0,75° entfernt vom sogenannten Polarstern, dem letzten Deichselstern des Kleinen Wagens (inoffizielle Bezeichnung) bzw. des Kleinen Bären (offizielle Bezeichnung). Im Falle des südlichen Durchstoßpunktes wird vom Himmelssüdpol gesprochen. Allerdings befindet sich in seiner nähe kein hellerer Stern. Der südliche Himmelspol liegt im Sternbild Oktant. Alle Gestirne scheinen sich aufgrund der Erdrotation um einen dieser beiden Himmelspole zu bewegen. Die Neigung dieser Himmelspole gegen die Horizontebene wird als Polhöhe bezeichnet und ist gleich der geografischen Breite des Beobachtungsortes. Die scheinbare Verlängerung der Erdachse wird als Himmelsachse bezeichnet.
Statt der Horizontebene kann auch der Himmelsäquator als Großkreis herangezogen werden. Dieser unterteilt die scheinbare Himmelskugel in eine nördliche und eine südliche Hälfte. Die Ebene des Himmelsäquators als Großkreis durchläuft den Beobachtungsort und steht senkrecht zur Himmelsachse. Der Himmeläquator kann auch als Projektion des Erdäquators auf die scheinbare Himmelskugel angesehen werden. Auf der Nordhalbkugel der Erde ist der über dem Horizont befindliche Teil des Himmelsäquators ein geneigter Halbkreis, welcher den Horizont im Ost- und im Westpunkt schneidet sowie im Schnittpunkt mit dem Meridian im Süden seine größte Höhe erreicht. Der Neigungswinkel hq der Ebene des Himmelsäquators gegen die Horizontebene ist eine Funktion der geografischen Breite φ des Beobachtungsortes. Es gilt:
hq = 90° – φ
Alle Großkreise, welche durch die beiden Himmelspole verlaufen, schneiden den Himmelsäquator in einem rechten Winkel und werden als Stundenkreise bezeichnet. Nach dieser Definition ist auch der Meridian ein Stundenkreis.
Zwecks der Festlegung von Astronomischen Koordinaten wird auf dem Himmelsäquator ein besonderer Punkt benötigt. Auf der Erde entspricht dieser Punkt dem Nullmeridian, von dem aus die geografische Länge nach Osten und Westen gezählt wird. Dieser verläuft definitionsgemäß durch die Sternwarte Greenwich in London. Im Falle des Himmelsäquators wird ein Punkt benötigt, welcher an der scheinbaren Drehung der Himmelskugel teilnimmt. Es ist der eine Schnittpunkt zwischen dem Himmelsäquator und der scheinbaren Sonnenbahn am Sternhimmel (Ekliptik), wo die Sonne den Himmelsäquator von Süd nach Nord durchschreitet. Dieser Punkt wird als Frühlingspunkt bezeichnet und befindet sich heute im Sternbild der Fische. Der Himmelsäquator und die Ekliptik als Großkreise sind gegeneinander um 23,44° geneigt, was als Schiefe der Ekliptik bezeichnet wird. Dieser Neigungswinkel entspricht der Neigung der Erdachse gegenüber der Erdbahnebene. Der zweite Schnittpunkt zwischen Himmelsäquator und Ekliptik liegt im Sternbild Jungfrau und heißt Herbstpunkt. Vor etwa 2000 Jahren lagen der Frühlingspunkt im Sternbild Widder und der Herbstpunkt im Sternbild Waage, so dass heute noch von Widderpunkt und Waagepunkt gesprochen wird. Diese Bezeichnungen werden auch in der Astrologie noch verwendet.
Schon seit Jahrtausenden wurden Sterne zu sogenannten Sternbildern zusammengefasst. So stammen viele der noch heute gültigen Bezeichnungen am nördlichen Sternenhimmel aus der babylonischen und der griechischen Mythologie. Der südliche Himmel hingegen konnte erst aufgrund von entsprechenden Seereisen erkundet werden. Aus diesem Grund tragen die Sternbilder des südlichen Sternenhimmels hauptsächlich Namen aus der Nautik und der Technik. Zum Teil wurden die Sternbilder willkürlich und je nach Quelle unterschiedlich festgelegt. Um hier zu einer internationalen Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit zu kommen, legte die Internationale Astronomische Union (IAU) im Jahre 1922 zunächst 88 Sternbilder an der Himmelskugel verbindlich fest. Im Jahre 1925 wurde der Astronom Eugène Joseph Delporte (1882 – 1955) von der IAU damit beauftragt die Grenzen dieser Sternbilder an der Himmelskugel festzulegen. Die von den Sternbildern definierten Bereiche wurden von ihm durch horizontale und vertikale Linien voneinander abgegrenzt. Im Jahre 1928 wurden diese Grenzen von der IAU für verbindlich erklärt und gelten unter Berücksichtung der durch die Präzession der Erdachse (Taumelbewegung der Erdachse aufgrund der Gezeitenwirkung durch Sonne und Mond) hervorgerufenen Koordinatenverschiebungen bis heute fort. Die Namen der 88 Sternbilder wurden endgültig und verbindlich im Jahre 1930 durch die IAU festgelegt.
Viele Einzelsterne, besonders die hellen, tragen ebenfalls Eigennamen, welche überwiegend aus dem arabischen und dem griechischen Kulturkreis stammen. Ursprünglich wurden die Sterne in der Reihenfolge ihrer Helligkeit mit Buchstaben des griechischen Alphabets bezeichnet. So erhielt der hellste Stern in einem Sternbild die Bezeichnung „Alpha“, wie zum Beispiel „Alpha-Centauri“. Der zweihellste Stern erhielt die Bezeichnung „Beta“, der dritthellste „Gamma“ usw. Aufgrund der Anzahl von Sternen, welche dann vor allem durch die Teleskopbeobachtungen zunahm, wurden dann auch lateinische Buchstaben und Zahlen verwendet. Die griechischen oder lateinischen Buchstaben bzw. die Zahlen werden dann in der Regel in Verbindung mit der Abkürzung der lateinischen Bezeichnung des Sternbildes verwendet. So trägt der Stern Beteigeuze im Orion die Bezeichnung α Ori. Andere Beispiele sind g Eri (im Erdidanus) oder 61 Cyg (im Sternbild Schwan, lateinisch: Cygnus). Durch die moderne Beobachtungstechnik gibt es heute eine so große Anzahl an Sternen, dass sie einfach eine bestimmte Katalognummer erhalten. Unterschiedliche Kataloge enthalten in der Regel ihre spezifischen Nummerierungen. Manche sind willkürlich gewählt oder geben bestimmte Daten wieder, etwa die Koordinaten des Sterns.